Hier kommt der ultimative Erfahrungsbericht nach 14 Monaten zeitgesteuerter Pferdefütterung! Ich habe für euch einfach alles dokumentiert, notiert und fotografiert. Also Achtung: langer Beitrag!
Heu ad libitum
Fangen wir mal ganz von vorne an, nämlich beim Heu. Genauer gesagt sprechen wir über Heu ad libitum. Diese Methode ist hoch gelobt und das A und O der Pferdefütterung. Sie funktioniert nur leider nicht immer – so wie bei mir zum Beispiel.
Ich würde meinen Pferden liebend gerne 24h Heu zur Verfügung stellen. Denn mit dieser Art der Pferdefütterung hätte ich den absolut geringsten Aufwand. Heuballen rein in die Raufe, Netz drüber und nach fünf Tagen einfach einen neuen reinstellen.
Meine dicken Ponys haben mir da aber leider einen richtig dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Vor allem meine Haflingerstute und einer der zwei Zwergesel. Die zwei werden nämlich schon vom Hinschauen moppelig.
Ich habe jahrelang versucht das Problem irgendwie in den Griff zu bekommen. Ich habe unendlich viele Heusäcke gestopft. Ich bin dreimal täglich in den Stall gefahren. Ich habe die Heuraufe mehrmals händisch abgesperrt und aufgemacht. Dazu musste ich dann aber viermal täglich zum Stall fahren.
Was ist am Ende passiert? Ich war richtig genervt vom Stall und von den Pferden! Denn ich hatte absolut gar keine Zeit mehr – weder für mich, noch für meine Pferde. Noch dazu waren trotzdem alle immer zu dick.
Das Haltungskonzept
Alle meine Pferde leben auf einem großzügigen Paddock Trail mit ca. 1km Länge. Die Tracks sind aufgrund des steilen Geländes extrem anspruchsvoll und zu 100% grasfrei. Es gibt einen kleinen Fichtenwald, Knabberäste, einen Quelltränker, Ruhezonen, einen großen Offenstall und einen Kratzbaum.
Da schlägt das Pferdeherz höher.
Außer im Sommer, denn da durften die Pferde bis dato immer nur über den Zaun auf die schönen Weideflächen schauen. Weidegang war nämlich verboten.
Wer zu dick ist, kommt nicht auf die Weide – präventiv sozusagen.
Also ist doch nicht immer alles so toll für die Pferde. Irgendwie haben sie mir dann schon etwas leid getan. Aber dadurch konnte ich zumindest eine Hufrehe und andere Wohlstandskrankheiten aus meinem Stall verbannen.
Eines Tages habe ich dann beschlossen alles im Stall zu automatisieren und fernzusteuern. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf dicke Pferde und zu viel Arbeit im Stall.
Im Nachhinein gesehen war das die beste Entscheidung die ich treffen konnte.
Die zeitgesteuerten Fütterungssysteme
Ich habe zeitgleich zwei unterschiedliche Systeme installiert. Eine einfache Heubox an der Wand mit Deckel und eine umgebaute Rundballen Heuraufe am Berg. Somit hatten alle Pferde die Möglichkeit in Ruhe zu fressen. Die ranghohen am Berg – die rangniedrigen Pferde im Stall.
Mit der Installation sollten alle vorrangig an Gewicht verlieren und ich wollte mir mehr persönlichen Freiraum verschaffen.
Die Herde
Haflinger Stute, 14 Jahre, 150 cm, 590 kg | Sie brachte definitiv fast 100 kg zu viel auf Waage und war jahrelang mein Sorgenkind Nr. 1. Sie gehört zu der Sorte „Ich könnte den ganzen Tag fressen!“. Ein gemütlicher Haflinger vom alten Schlag, der nichts lieber macht, als den ganzen Tag irgendwo irgendwas zu fressen. Eine Hufrehe konnte ich aufgrund des konsequenten Weidemanagements bis dato gut verhindern. EMS ist aber aufgrund des Fressverhaltens leider nicht ausgeschlossen, wurde jedoch nie diagnostiziert.
Haflinger Wallach, 10 Jahre, 142 cm, 450 kg | Er war ca. 50 kg vom Zielgewicht entfernt und frisst ebenfalls für sein Leben gern. Auch Holz und Futterschüsseln, wenn es sein muss. Er durfte bei seinem Vorbesitzer in jüngeren Jahren den Sommer auf der 24h-Hochleistungsweide im Tal verbringen. Im Spätsommer desselben Jahres bedankte er sich mit einer katastrophalen Hufrehe. Nach dem Ausheilen der Rehe wurde sein Weidegang massiv eingeschränkt bzw. verboten.
Quarab Wallach, 10 Jahre, 143 cm, 430 kg | Er hatte bis dato eigentlich immer eine gute Figur gemacht, neigt aber bei zu viel Futterangebot doch auch zu etwas Übergewicht. 20 kg weniger auf der Waage würden ihm aber definitiv auch nicht schaden.
Quarter Horse Wallach, 25 Jahre, 143 cm, 390 kg | Der Pensionist in der Runde musste definitiv zusätzlich gefüttert werden und darf in den Sommermonaten auf den Weideflächen zuhause grasen.
Zwei Zwergesel Wallache, 8 und 5 Jahre, 150 kg | Die beiden waren zwar nicht dick, konnten aber trotzdem etwas weniger an Gewicht vertragen. Esel sollen ja von Natur aus eher „rippig“ und mager sein.
Die Fresszeiten
Vor der Aktivierung der Zeitsteuerung hatten die Pferde 18h durchgehend Zugang zum Heu. Das heißt, ich habe die Raufe in der Früh händisch verschlossen und am Nachmittag wieder aufgemacht.
Bei der Aktivierung habe ich mich für folgende Zeiten entschieden:
September 2018 – 9h Zugang zum Heu mit engmaschigem Heunetz
6:00-8:00 | 12:00-14:00 | 18:00-20:00 | 0:00-2:00 | 3:30-4:30
Oktober 2018 bis April 2019 – 8h Zugang zum Heu mit engmaschigem Heunetz
6:00-8:00 | 12:00-14:00 | 18:00-20:00 | 0:00-2:00
Im Winter wurde fallweise eine kleine Portion loses Heu dazu gefüttert.
April 2019 – September 2019 – 8h Zugang zum Heu mit engmaschigem Heunetz & zusätzlicher Weidegang auf den eigenen Wiesenflächen. Durch den teilweise uneingeschränkten Weidegang wurde die Heuraufe nur selten genutzt. Die Zeiten wurden im Sommer aber einfach so belassen.
6:00-8:00 | 12:00-14:00 | 18:00-20:00 | 0:00-2:00
ab Oktober 2019 – 6h Zugang zum Heu – mit engmaschigem Netz
6:00-7:30 | 12:00-13:30 | 18:00-19:30 | 0:00-1:30
Einen Mini Snack loses Heu am Tag gab es zusätzlich.
Übrigens. Das engmaschige Netz ist nur an der Rundballenraufe in Verwendung. In der Heubox im Stall wird lose gefüttert. Komischerweise stehen beim losen Heu nur der Opi und die Kleinen. Die ranghohen Pferde gehen immer freiwillig den Berg hinauf zur großen Raufe mit Netz.
Und: Alle Pferde haben auf den langen Trails, auch in den Fresspausen, die Möglichkeit etwas zu knabbern. Stroh, Äste/Zweige und (Un-) Kräuter stehen den Pferden ganzjährig immer zur Verfügung! Ebenso wird immer auf eine ausreichende Versorgung mit angepassten Mineralstoffen geachtet.
Gewichtsabnahme
Die Herde konnte so in einem Jahr insgesamt ca. 100 kg an Gewicht verlieren. Ganz langsam und pferdegerecht.
Heuverbrauch
Was sich neben dem Gewicht deutlich verändert hat, ist natürlich der Heuverbrauch. Und das ist wirklich sehr interessant!
Der Jahresverbrauch an Rundballen konnte um durchschnittlich 1,6 Rundballen pro Monat, also knapp 20 Ballen pro Jahr gesenkt werden. Wisst ihr wie viele Tonnen Pferdemist weniger das sind?
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens haben die Pferde durch die Steuerung und Reduktion der Fresszeiten natürlich weniger Heu gefressen. Zweitens haben alle in der Herde genug Gewicht verloren und durften erstmals von April bis September auf den eigenen Weideflächen grasen.
Da schlägt das Pferdeherz nun wirklich höher!
Mein Fazit
Die zeitgesteuerte Fütterung bringt mir in der Pferdehaltung einige wesentliche Vorteile.
Ich kann deutlich an Arbeitszeit und Futterkosten einsparen. Die Pferde bewegen sich endlich in Richtung „Idealfigur“. Das System arbeitet zuverlässig und ist gerade für berufstätige Menschen eine Erleichterung im täglichen Stallmanagement.
Das Schönste ist: Die Pferde können in den Sommermonaten ihren natürlichen Bedürfnissen nachkommen und dürfen nun endlich auf den eigenen Weideflächen grasen. Ähnlich den nicht domestizierten Pferden fressen sie sich jetzt im Sommer die Kilos rauf, die sie im Winter durch weniger Futterangebot wieder verlieren.
Abschließend möchte ich anmerken, dass es sich hier um die aktuell beste Lösung für diese spezielle Pferdeherde handelt. Bei einem dicken Pferd sollten sofort alle Alarmglocken läuten! Man sollte sein Möglichstes tun, um den gefährlichen Wohlstandskrankheiten vorzubeugen.
Zum Thema Übergewicht und den gravierenden Folgen gibt`s hier einen netten Artikel. Wer etwas mehr über EMS erfahren möchte, kann sich hier ein wenig einlesen.
Bei Fragen – einfach fragen 🙂 Wie immer – ich freu mich.