In den Monaten Mai und Juni ist bei vielen Pferdebesitzern und Landwirten ein Thema vorherrschend – die jährliche Heuernte. Die Erzeugung von qualitativ hochwertigem Heu gleicht einer kleinen Wissenschaft, die jedes Jahr die gleichen Fragen aufwirft.
- Wann ist der ideale Schnittzeitpunkt? (Vor, mitten oder nach der Blüte?)
- Wann ist der Fruktanwert am niedrigsten?
- In welcher Höhe soll das Gras geschnitten werden?
- Wie oft soll gewendet werden?
- Wie fest soll der Heuballen gewickelt werden?
Neben all diesen Fragen beschäftigt mich jedes Jahr etwas ganz Besonderes:
Wie schaffen wir es, alle Rehkitze aus dem Gefahrenbereich der Wiese zu bringen, bevor wir mähen?
Denn im Zeitraum der ersten Mahd werden mehrheitlich Rehkitze in den Wiesen abgesetzt. Ihr gepunktetes Fell und das intuitive Verhalten, sich im hohen Gras zu verstecken, macht sie nicht nur unsichtbar für Fressfeinde, sondern auch für den Landwirt, der seine Wiesen mäht. Werden Rehkitze vor der Heuernte nicht aus der Wiese vertrieben oder weggetragen, bedeutet das meist den sicheren Mähtod für die Kleinen. Ihr Tod ist grausam und im besten Fall sterben die Kitze gleich.
In Österreich werden jährlich schätzungsweise mehr als 25.000 Rehkitze getötet. In Deutschland sind es weit über 100.000.
Durch einfache aber doch sehr praktikable Methoden kann man die Rehkitze vor der Mahd aus der Wiese „vertreiben“ oder aufspüren und so ihr Leben retten.
Ausmähen der Randflächen
Am Abend vor der Mahd werden die Randflächen des Grundstücks gemäht. Den Lärm und dieses Anmähen empfinden viele Geiße als störend. Sie verlassen in den meisten Fällen den sicheren Brutplatz und ziehen mit den Kitzen weiter. Das Anmähen funktioniert aber nur am Tag/Abend direkt vor der Mahd, denn die Geiß tendiert dazu nach ein paar Tagen wieder auf den ursprünglichen Brutplatz zurückzukehren.
Kosten: Hier entstehen keine Kosten.
Aufwand: Der Aufwand ist gering, denn die Flächen müssen sowieso ordentlich und sauber gemäht werden.
Effizienz: Es kann natürlich vorkommen, dass auch in den Randflächen Kitze versteckt sind und es übersehen werden kann. In den meisten Fällen funktioniert diese Methode aber in Kombination mit dem Aufstellen von Radios sehr gut.
Aufstellen von Radios und anderen störenden Objekten
Neue Objekte wie Straßenreflektoren, Katzenaugen, Baustellenlampen, Leintücher oder laute Radios werden von den Geißen als dermaßen störend empfunden, dass sie mit dem Nachwuchs einen anderen Brutplatz aufsuchen. Die störenden Objekte werden an langen Stöcken angebracht und in der Mähwiese verteilt. Wegen dem Gewöhnungseffekt sollten die Objekte ebenfalls am Tag vor der Mahd aufgestellt werden. Jagdgesellschaften und Jäger aus der Region sind bei der Rettung sehr oft behilflich. Sie haben manchmal sogar ein eigenes Kontingent an Radios und Reflektoren und unterstützen gerne dabei die Kitze zu vertreiben. Außerdem wird der Kontakt zwischen Jägern und Grundbesitzern, so ist es zumindest hier bei uns, gepflogen und wertgeschätzt.
Kosten: Eventuell kann ein Unkostenbeitrag an die Jagdgesellschaft entstehen.
Aufwand: Das Aufstellen und Abmontieren der Objekte kann je nach Größe der Fläche etwas Zeit in Anspruch nehmen.
Effizienz: Es funktioniert häufig sehr gut, wenn die zu mähende Fläche überschaubar ist und die Objekte in nicht zu großem Abstand zueinander aufgestellt werden.
Drohenflüge mit Wärmebildkameras
In den frühen und vor allem kühleren Morgenstunden am Tag der Mahd können auch größere Wiesenflächen mithilfe von Drohnen abgesucht werden. Spezielle Drohnen sind mit hochsensiblen Wärmebildkameras ausgestattet, die Temperaturunterschiede und Wärmequellen im hohen Gras ausfindig machen können. Drohnen fliegen automatisiert im Missionsmodus über die zuvor markierte Fläche. Die Rehkitze können somit geortet und von Helfern aus den Wiesen getragen werden. Zur Unterstützung aus der Luft kann man auf darauf spezialisierte Firmen, Privatpersonen oder Einsatzorganisationen wie der Feuerwehr zurückgreifen. Ausgebildete Drohnenpiloten bieten ihre Dienste oft auf regionalen Plattformen oder über Soziale Medien an.
Kosten: Stundensatz und Anfahrtskosten des Piloten. Häufig gibt es aber auch ehrenamtliche Piloten, die ihre Dienste kostenlos zur Verfügung stellen, Zuschüsse der Jagdgesellschaft oder Feuerwehren, die einen Rehkitz-Sucheinsatz gleichzeitig als Übungsflug für den Ernstfall nutzen.
Aufwand: Der Aufwand ist hier etwas größer, da der Einsatzflug meist von 2 Piloten durchgeführt wird und die Mission im Vorfeld geplant werden muss
Effizienz: Erfahrene Drohnenpiloten finden mit dem passenden Equipment meist alle Rehkitze, die sich in einer Mähwiese verstecken.
Wiesenflächen sollten außerdem immer von innen nach außen gemäht werden, damit die Wildtiere genügend Fluchtmöglichkeiten haben. Ein Mähen von außen nach innen kreist die Tiere ein und nimmt ihnen die Chance vor den Landmaschinen zu fliehen.
Fazit: Ein Ausmähen der Randflächen und das Aufstellen von richtig guter „Weidemusik“ am Abend vor der Mahd kostet nichts und kann Leben retten! Einsätze mit Spezialdrohen sind äußerst effektiv und die Ergebnisse sehr zuverlässig. Ortsansäßige Jagdgesellschaften und Freiwillige Feuerwehren sind technisch oft gut ausgestattet und bemüht bei einer Suchaktion aktiv mitzuwirken.
Plattformen und Anlaufstellen die von Bedeutung sein könnten:
Rehkitzrettung Österreich
Rehkitzrettung Deutschland
Rehkitzrettung Schweiz
Bei Fragen – einfach fragen 🙂 Wie immer – ich freu mich.